Jahresbericht 2005 - Gegen Rassismus und Gewalt
Der ANNE FRANK-Fonds, eine gemeinnützige Stiftung, engagiert sich im Sinne der Botschaft von Anne Frank gegen Rassismus und Antisemitismus. Auch im vergangenen Jahr unterstützte der Fonds zahlreiche Organisationen und Projekte.
Vor mehr als 60 Jahren starb Anne Frank 16-jährig im Konzentrationslager Bergen-Belsen infolge Typhus und Entkräftung. Ihr Tagebuch, übersetzt in 70 Sprachen, hat weltweit Millionen von Menschen berührt. Anne Frank steht symbolisch für die Opfer von Rassismus, Antisemitismus und Faschismus – damals ebenso wie heute. Ihre Botschaft, vermittelt durch ihr Tagebuch, ist unvermindert aktuell: Rassismus und Antisemitismus sollen in all ihren Erscheinungsformen bekämpft werden.
Unterstützung für Organisationen und Projekte
1963 gründete Anne Franks Vater, einziger Überlebender der Familie, den ANNE FRANK-Fonds (AFF). Er bezweckt die Förderung karitativer Werke und erfüllt soziale und kulturelle Aufgaben im Sinne der Botschaft von Anne Frank. Im vergangenen Jahr unterstützte der Fonds wiederum zahlreiche Organisationen und Projekte. Die Höhe der Vergabungen beläuft sich auf insgesamt 450'000 Franken. Zu den Empfängern gehören unter anderen:
- Anne-Frank-Medical Fund, Basel
- Institut für jüdische Studien der Universität Basel
- Anne Frank-Zentrum, Berlin
- Stiftung Johanna, Basel (Lernen im Park)
- Hierbei handelt es sich um eine Institution, heute im K5 Basel integriert, die sich darum kümmert, dass überwiegend Frauen aus der Türkei die deutsche Sprache gratis erlernen können. Der AFF hat diese Institution, und zwar deren Alphabetisierungskurse, über längere Zeit mit jährlich grösseren Summen unterstützt. Ziel ist die echte Integration speziell türkischer Frauen.
- Universität Sussex/GB
- Seit 1997 läuft an der Universität Sussex das Forschungs-Projekt «The Symbiosis Project», welches vom AFF finanziell unterstützt wird. Ausgangspunkt war die Sichtung und Aufarbeitung von Erlebnisberichten von Flüchtlingen aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten, die Ende der Dreissiger Jahre in England eine neue Heimat fanden. Eine wichtige Fragestellung waren die Wandlungen jüdischer Identität aufgrund der erzwungenen Emigration. Diese wurden in Beziehung gesetzt zu den aktuellen Schwierigkeiten der Integration in anderen Ländern von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dazu wurden die Kontroverse über die Integration von Gastarbeitern und der Streit um die Doppelbürgerschaft in Deutschland in Beziehung gesetzt. Der Rechtsradikalismus in Österreich und die weit verbreitete Ausländerfeindlichkeit in vielen Ländern wurde ebenso mit einbezogen wie das Phänomen, dass es Antisemitismus ohne Juden gibt. Ziel des Projekts ist, Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten, die zeitgemäss und stufengerecht die Ergebnisse der Forschungen umsetzen, so dass sie in der Lehreraus- und –weiterbildung eingesetzt werden können. Ein praxisnahes «Teacher’s Pack» ist inzwischen verfügbar. http://www.sussex.ac.uk/anthropology/profile33684.html
- Anne Frank House, Amsterdam
- Peter-Huber-Schule in Sri Lanka
- Der hier enstandene gemeinnützige Förderverein für die erwähnte Schule, an der die ärmsten Kinder Unterricht und Betreuung, Nahrung und Kleidung erhalten können, benötigte für eine dringend nötige Renovation des Schulgebäudes Gelder, wobei auch der AFF sich mit einer Vergabung stark beteiligte. Bei der Renovation handelte es sich um den Einbau von bisher nicht vorhandenen Toiletten und um einen bisher ebenfalls nicht vorhandenen Essraum für die Kinder sowie um Reparaturarbeiten am bestehenden Gebäude unterschiedlichster Art.
Anne Frank Trust, London
- ELAH, Tel Aviv
- Die in Tel Aviv ansässige Stiftung bietet psychosoziale Hilfe für traumatisierte holländische Shoa-Überlebende und ihre Familien an. Der ANNE FRANK-Fonds unterstützt diese Organisation seit vielen Jahren in unregelmässigen Abständen mit grösseren Beträgen.
- Stadt Bergen (Anne Frank Friedenstage)
- Auf Initiative des Anne Frank Fonds werden jährlich um den Geburtstag von Anne Frank herum die Friedenstage im Gedenken an Anne Frank durchgeführt. Junge Menschen aus den verschiedensten Ländern treffen sich in Bergen, dem Ort eines der grausamsten Konzentrationslager der Nazis, wo Anne Frank mit ihrer Schwester Margot und tausende von anderen Menschen im Dreck liegengelassen wurden und hilflos sterben mussten. Heute versucht man hier eine positive Zukunft zu entwickeln und in gemeinsamen Arbeiten unterschiedlichster Art die grausame Vergangenheit wachzuhalten. So gestaltet sich Bergen zu einem Ort des Friedens.
- Museum der Kulturen, Basel
- Das Museum hatte eine Veranstaltung «Feste im Licht“ durchgeführt und daraufhin den Wunsch geäussert, dieses Material auf einer DVD festzuhalten. Daraus entstand eine sehr wichtige Dokumentation, welche die Lichtfeste der diversen Kulturen und Religionen aufzeigt und erklärt, was erheblich zum Verständnis unter den Völkern beiträgt und deswegen vom AFF finanziell unterstützt wurde.
- Stiftung exilio, Lindau
- Die gemeinnützige Stiftung bietet Hilfe für Flüchtlinge und Folterüberlebende an. Man hat sich der Betreuung, Behandlung und Rehabilitation von Verfolgten und deren Familienangehörigen verschrieben, die in ihrer Heimat aus politischen, ethnischen oder religiören Gründen unterdrückt, verhaftet oder gefoltert oder deren Menschenrechte verletzt wurden. Beim speziellen Projekt für die Betreuung und ein Sportangebot für traumatisierte Flüchtlingskinder hat sich der AFF engagiert. Ohne finanzielle Hilfe hätte dieses wichtige Projekt nicht durchgeführt werden können.
- The South Asia Council, Bangalore
- 1000 Frauen für Friedensnobelpreis
- Der AFF übernahm bei diesem Projekt die Patenschaft für eine Friedensfrau. Die Organisation versucht darzustellen, was Frauen weltweit für Frieden, Gerechtigkeit und menschliche Sicherheit leisten. Die Bewerbung wurde in Oslo beim Nobelpreiskomitee eingereicht, wobei drei Frauen speziell hervorgehoben wurden, um den Regeln gerecht zu werden.
- World Quintett
- Haus Vogelsang, Basel
- Dieses Durchgangs- und Beobachtungsheim in Basel, speziell für Kinder aus Notsituationen, wurde vom AFF unterstützt, damit dringend notwendiges Mobiliar für die Funktionstüchtigkeit des Heimes angeschafft werden konnte.
- Hannah Arendt Gymnasium, Berlin
- Leo Baeck Erziehungszentrum, Tel Aviv
Zahlreiche Anfragen mussten abgelehnt werden, weil sie den Stiftungsstatuten und den Vorgaben des Stiftungsrats nicht entsprachen. Jedes einzelne Begehren wird vom Stiftungsrat geprüft. Trotz grosser Verpflichtungen hat der Vermögensbestand um rund 9 Prozent zugenommen – hauptsächlich dank der umsichtigen Vermögensverwaltung, jedoch auch aufgrund strikter Kostenkontrolle und Überwachung sämtlicher Finanztransaktionen. Sowohl die Einnahmen aus Lizenzen wie auch die Kapitalerträge nahmen zwischen 3 und 5 Prozent zu.
Neue Übersetzungen des Tagebuchs
Das Interesse an Anne Franks literarischem Werk ist weltweit ungebrochen. Immer wieder werden Übersetzungen in neue Sprachen gewünscht. Im Berichtsjahr wurde unter anderem eine Übersetzung in Urdu (Pakistan) genehmigt. Auch im Iran und in China erschienen je eine neue Ausgabe des Tagebuchs in persischer bzw. chinesischer Sprache. Eine Übersetzung in arabischer Sprache existiert bisher nicht.
Zahlreiche Projekte geprüft
Verschiedene «Anne-Frank-Projekte», die der AFF gemeinsam mit dem Rechtsbeistand behandelte, mussten abgelehnt werden, da sie entweder nicht den Richtlinien des AFF entsprachen oder lediglich aus finanziellem Interesse der Initianten hätten realisiert werden sollen. Abgelehnt wurde nach eingehender Prüfung unter anderem ein neues Filmprojekt.
Wichtige Öffentlichkeitsarbeit
Der Öffentlichkeitsarbeit kam im Berichtsjahr wiederum grosse Bedeutung zu. So reiste AFF-Präsident Buddy Elias, Anne Franks Cousin, mit seiner Gattin nach Japan und hielt an verschiedenen Schulen viel beachtete Vorträge. Auch erging an Buddy Elias eine Einladung in die «Kerner-Show». In Amsterdam wurde die ehemalige Wohnung der Familie Frank am Merwedeplein von der Firma Ymere gekauft. Sie wurde renoviert und steht nun Schriftstellern, die in ihren Heimatländern verfolgt werden, unentgeltlich zur Verfügung.
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